Der Büssow-Komplex
In Anlehnung an ein berühmtes Musikstück könnte man fragen
"who the fuck is Mr. Büssow" und ich schätze viele Leute werden den
Herren nicht kennen.
Warum wird nun dieser Herr gerade bei einem Diskussions-Board erwähnt, bei
dessen Inhalt es, zum Teil, um diverse Vereine geht, die mit zweifelhaften
Methoden Kinderschutz zu propagieren suchen?
Um eines klarzustellen, Herr Büssow hat nichts mit diesen ominösen Vereinen
zu tun. Herr Büssow ist Regierungspräsident der Bezirksregierung Düsseldorf
(NRW) und als solcher für Gesamt-NRW für Medienkontrolle zuständig. An ihn
und an seine Untergebenen wie z.B. Herrn Schütte kann sich der besorgte Bürger
wenden, wenn ihm bei Mediendiensten etwas auffällt bzw. ihn stört, er es für
zweifelhaft hält, ob ein Inhalt so verbreitet werden darf usw. An sich ist
das keine schlechte Idee, daß ein Ansprechpartner geschaffen wird, wenn Bürgern
etwas gegen den Strich geht in der Medienlandschaft, dazu hatte die Bez.Reg.
Düsseldorf ein Meldeformular eingerichtet, daß inzwischen anscheindend wieder
verschwunden ist, weil es von einigen Leuten (gell Marco, ein interner Witz)
sehr intensiv genutzt worden ist, sehr zum Leidwesen der Bez.Reg.
Ansich wäre das Ganze auch kein Problem, wenn sich Herr Büssow auf die Probleme
beschränken würde, für die er auch zuständig ist, das wären eigentlich Inhalte,
die in Deutschland auf deutschen Servern gehostet werden und die somit der
deutschen Rechtssprechung unterliegen.
Warum kommt nun Herr Büssow in den Genuß, daß ich ihm fast einen "festen
Begriff", den "Büssow-Komplex", widme?
Zur Beantwortung der Frage muß ich etwas weiter ausholen: Um das Netz und seine
diversen Dienste (usenet, P2P, IRC usw.) zu nutzen, brauche ich einen Provider.
Dieser vermittelt mir den Zugang zum Internet, wobei ich den Begriff Internet
jetzt für alles (www, usenet, P2P, IRC) verwenden werde. Nun ist es allerdings
auch so, daß ich als Nutzer so eines Providers über diesen selbst eine Seite
ins Netz stellen kann, deren Inhalt dann der deutschen Rechtsprechung unterliegt,
wie sinnvoll da die verschieden Paragraphen (z.B. §86, 86a, 130, 130a, 131,
184 StgB) und Vorschriften (Jugendschutzgesetz, Jugendmedienschutzstaatsvertrag)
sind, ist eigentlich eine andere (Grundsatz)-Diskussion.
Der Provider vermittelt also, unter anderem, den Zugang zum Netz, genausogut
könnte ich mir einen ISP (Internetserviceprovider) im Ausland suchen oder eine
verschlüsselte Verbindung zu der aufgerufenen Seite herstellen.
Fakt ist, daß es den ISP nichts angeht, was ich mir zu Gemüte führe, außer
ein Richter ordnet bei Verdacht eine Überwachung meines Internetanschlusses
an.
Nun ist Herr Büssow der Meinung, daß es den Staat sehr wohl etwas angeht, worauf
seine Schäfchen zugreifen, darum hat er an die Provider (70 Stück), die in
seinem Einflußbereich liegen, sogenannte Sperrverfügungen versendet. Diese
richten sich zunächst gegen zwei rechte Seiten im Netz. Die "Sperrung"
soll funktionieren, indem der Eintrag des DNS bei dem sperrenden Provider verändert
wird. DNS könnte man mit einer Art von Telefonbuch vergleichen, das sich jeder
Provider von einer übergeordenten Stelle holt und dort wird nun eine Nummer
geändert, was bedeutet, wenn ich Seite xyz aufrufe, erhalte ich eine falsche
IP und mir wird die Seite nicht angezeigt.
Hier
wird das Ganze und die Gegenmaßnahmen etwas genauer erklärt
die Hintergründe, der "Streit"
Der Streitpunkt ist nun, wird der Zugriff auf solche Inhalte
bei uns als verbotene Verbreitung gesehen oder nicht und ist es legitim, bei
einem Provider anzusetzen, der mir nur den Zugang zum Netz ermöglicht.
Es ist leicht, bei diesen rechten Seiten aus voller Überzeugung "ja"
zu rufen, nur welche Konsequenzen hat dies?
Bei dem ersten Vorstoß von der Bez.Reg. Düsseldorf waren es 4 Adressen, die
gesperrt werden sollten. Eine war inaktiv und die andere war rotten.com, eine
"Unfallbilderseite", die vermutlich viele einfach geschmacklos finden
oder verstößt sie gar gegen die Würde des Menschen?
Dies dürfte Ansichtssache sein und die Entscheidung ob jemand sich so eine
Seite ansieht und wie er sie einstuft, muß, für mich zumindest jeder selbst
treffen.
Was aber feststeht, ist daß die Seiten legal im Ausland gehostet werden, sprich,
sie entsprechen den dortigen Rechtsvorschriften, ansonsten bräuchten wir uns
hier nicht unterhalten, da eine Löschung beim hostenden Provider möglich wäre.
Die Inhalte mögen nicht unserem Recht entsprechen und wenn ein Deutscher in
Deutschland so eine Seite betreiben würde, wäre er schneller vorm Kadi, als
ihm lieb sein könnte, nur es geht nicht um die Inhalte.
Büssow sprach auch auf der Demonstration von "unzulässigen Inhalten"
und davon können recht viele Seiten betroffen sein. Auf gut deutsch, werden
die Vorrausetzungen geschaffen, daß Provider, für Inhalte im Ausland, zu denen
sie nur den Zugang vermitteln, haftbar gemacht. Damit dies auch per Gesetz
durchgesetzt werden kann, sind entsprechende Mechanismen (Filterpilot) implementiert
und es ist nur eine Frage der Zeit bis die Filterung jeden, der mit dem Netz
zu tun hat, betrifft.
Ein gewisser Herr Beck, der bei dem neuen Jugendmedienstaatsvertrag mitgearbeitet
hat, hat schon Sperrverfügungen gegen ausländische Pornobetreiber im Namen
des Jugendschutzes gefordert.
Beck
will strenge Sanktionen gegen Pornoanbieter im Internet
Filter und andere Sperrprogramme mögen für besorgte Eltern
vielleicht eine Hilfe sein, nur kann es zumindest für mich nicht angehen, daß
so Filter und Sperrungen providerseitig vorgenommen werden, wo ich keinen Einfluß
auf das wie, was und warum habe, auch das ist wieder eine andere Diskussion.
Nun zur Frage, worin Herr Büssow und diese Pseudokinderschützer auf der gleichen
Linie liegen. Die Kinderschützer benutzen den Begriff Kinderpornographie um
ihren Jagd- und Überwachungsgelüsten zu fröhnen, während Herr Büssow sich auf
die rechten Seiten eingeschossen hat. Das schöne daran ist nun, daß man so
gut wie jeden, der mit diesen Sachen nicht einverstanden ist, bequem in eine
bestimmte Ecke stellen kann, was auch indirekt gemacht wurde.
Die Versuche, das Netz zu kontrollieren, werden immer wieder gestartet, sei
es, daß Suchmaschinen die Ergebnisse dementsprechend modifizieren oder der
DRM/TCPA Komplex.
Zensur
bei Suchmaschinen und jugendschutz.net
Was steckt hinter TCPA und Palladium?
Charakteristisch für diese Vorgehensweisen ist, daß Begriffe
benutzt werden, die negativ besetzt sind und gegen die man recht schwer argumentieren
kann, da man sie selbst nicht gutheißt. Außerdem wird sehr oft auf die emotionale
Schiene ausgewichen um Zustimmung bei der Mehrheit zu finden.
Weitere Informationen
zum Büssow-Komplex
Büssow-Komplex im Trollforum
Bombjack, April 2003 |